Drei Ehrenrunden für Kurt Turba

Das 11. Plenum – Anfang vom Ende der DDR? Aus Harald Wessels Erinnerungen an den Herbst 1965 (Bonusfolge)

Am Donnerstag, den 20. Dezember 2007 verließ die Motorjacht (für Seebestattungen) Marina gegen 14 Uhr den Hafen von Niendorf (einem Ortsteil von Timmendorfer Strand) und steuerte in der Lübecker Bucht jenen Punkt außerhalb der Drei-Meilen-Zone an, der auf Seekarten mit einem schwarzen Kreuz markiert ist, zum Zeichen würdiger Rücksichtnahme auf einen „Friedhof“ am Grund des Meeres.

Kurt Turba (Mitte) zwischen Walter Ulbricht (rechts) und dessen Wirtschaftberater Wolfgang Berger auf dem letzten gesamtdeutschen Arbeiterjugend-Kongreß im Sommer 1965 in Magdeburg Foto: Archiv Wessel

An Bord befand sich die kleine Trauergemeinde aus nächsten Angehörigen und guten Freunden des am 3. Dezember 2007 im Alter von 78 Jahren verstorbenen legendären DDR-Jugendpolitikers Kurt Turba. Dem jüngsten Urenkel, erst seit Monaten auf dieser Welt und warm verpackt in den Armen seiner Mutter, gefiel das sanfte Schaukeln des Schiffes. Er gab keinen Mucks von sich. Die See war ruhig, die Luft schneidend kalt. Nachdem die Urne dem beliebtesten aller Urelemente anvertraut war, drehte die Jacht drei Ehrenrunden um die bunten Blütenblätter. Sie bilden den hier angemessenen letzten Gruß. Die Seebestattung setzte den anrührenden Schlußpunkt unter ein bewegtes und bewegendes Menschenleben.

„Der freie Mensch“, heißt es in der 1677 zuerst gedruckten „Ethik“ von Baruch Spinoza (1632 bis 1677), „denkt an nichts weniger als an den Tod, und seine Weisheit ist nicht Nachsinnen über den Tod, sondern Nachsinnen über das Leben“. Daran hielt sich Kurt Turba, den ich seit 1957 persönlich kannte. Aus dem halben Jahrhundert blieben nur zwei Gelegenheiten erinnerlich, bei denen wir das „Ende in der Unendlichkeit“ seriös erörtert haben. Beide Anlässe lagen im turbulenten Jahr 1965: im Sommer die Fahrt zu Zweit nach Szczecin (Stettin) und am 3. Dezember der ebenso überraschende wie mysteriöse Tod von Erich Hans Apel (1917 bis 1965).

Als sich Mitte 1965 die Anzeichen für eine bevorstehende sowjetische Intervention gegen Walter Ulbrichts Modernisierungspolitik („schleichende Entstalinisierung der DDR“) verdichteten, fuhr ich nach Ahlbeck auf Usedom, wo Kurt Turba sich mit Frau und Kindern einen Urlaub gönnte. Um ungestört reden zu können, wurde eine Wochenend-„Spritztour“ nach Polen unternommen. Dabei halfen uns die DDR-Reisepässe mit je einem Dauervisum „für sozialistische Länder“ sowie die von Ulbricht persönlich unterzeichneten Ausweise als Leiter (Kurt Turba) bzw. als Mitglied (Harald Wessel) der „Jugendkommission beim Politbüro des ZK der SED“. Angesichts der in knallrotes Leder gefaßten Klappkarten salutierten sogar die „Grenzer“ der damaligen Volksrepublik Polen. „Mit diesem Ausweis könnten wir doch auch mal nach Prag fahren“, bemerkte ich ahnungslos. Davon war Kurt nicht gerade begeistert. Und er berichtete von Erlebnissen, über die er noch nie gesprochen hatte und nie wieder sprach: Wie er im Mai 1945 als sechzehnjähriger „sudetendeutscher“ Junge in Praha (Prag) nur knapp einem Lynchmord entgangen war.

Turba zu mir in etwa wörtlich: „Wenn ich mitunter Deine Kritik an sowjetischer Hegemonial-Politik gegenüber der DDR und anderen ‚Bruderstaaten’ zu bremsen versuche, dann vor allem aus dem einen Grund: Sowjetsoldaten haben mir 45 das Leben gerettet. Die Sowjetpatrouille kam zufällig vorbei und schoß mehrere MP-Salven in die Luft, um den rachedurstigen tschechischen Mob zur Vernunft zu bringen. So blieb ich am Leben und kam mit Blessuren davon.“ Damals habe er dem Tod buchstäblich ins Auge geschaut. Seither fürchte er das Ende nicht. Er nehme den Tod – wann auch immer – gelassen hin.

Beide waren wir damals aus der Kirche ausgetreten. Beide hatten wir aber inzwischen auch gelernt, religiöse Gefühle anderer Menschen zu respektieren. Auf Jugendforen zitierten wir gerne Karl Marx „An allem ist zu zweifeln“, William Shakespeare „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Schulweisheit sich träumen läßt“ und Sokrates „Ich weiß, daß ich nichts weiß“. Immerhin reichte unsere philosophiegeschichtliche Bildung so weit, daß wir zwischen Theismus, Deismus und Pantheismus zu unterscheiden wußten. Den Pantheismus, der die unendliche Welt als mit Gott identisch ansieht, fanden wir als „rührenden Rationalismus“, „realistische Religiösität“ und „höflichen Atheismus“ (Arthur Schopenhauer) passabel.

Da in Szczecin kein freies Hotelzimmer aufzutreiben war, parkten wir den Wartburg am Stadtrand bei den Oder-Wiesen und schliefen ein paar Stunden im Auto. Als es hell wurde, ging ich zur Morgenwäsche durch Nebelschwaden an die Oder. Und – keiner wird es mir glauben, obwohl es die reine Wahrheit ist – nymphengleich entstieg dem Wasser und Nebel ein splitternacktes „Polenkind, wie man kein Schön’res find’“, ein göttliches Geschöpf aus Fleisch und Blut, gewiß keine Fata Morgana. Etwas verlegen wünschten wir uns einen Guten Morgen. Zurück am Auto weckte ich Kurt mit dem sibyllinischen Spruch: „Du hast recht – die ganze Welt ist pantheistisch beseelt, sogar das Wasser der Oder.“

Am Freitag, den 3. Dezember 1965, liefen ab Mittag die Telefonleitungen heiß. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Hiobsbotschaft, daß Erich Apel gegen zehn Uhr in seinem Büro erschossen aufgefunden wurde. Offiziell war der erfahrene Ingenieur „Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR“ und inoffiziell der führende Kopf, die treibende Kraft des „Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft“ (NÖS). Am 2. Juli 1964 hatte er auf einer internen Beratung über den „Perspektivplan 1964 bis 1970“ die „Todsünde“ begangen, eine „Veränderung der Außenhandelsstruktur der DDR“ in Betracht zu ziehen. Da Moskau von der einseitigen Ausrichtung des DDR-Außenhandels auf die UdSSR profitierte, gaben „die Freunde“ Erich Apel fortan nicht mehr die Hand.

Seite 1 der Zeitung „Neues Deutschland“ vom 7. Dezember 1965. Von der Beisetzung Erich Apels berichtete das Blatt zudem auf seiner ganzen Seite 3 – höchst ungewöhnlich beim Selbstmord eines Spitzenpolitikers in der DDR. Mit dem Tode Apels war praktisch auch die Reformpolitik Walter Ulbrichts zum Tode verurteilt

Drei Ärzte aus dem Regierungskrankenhaus teilten am Abend des 3. Dezember 1965 in einem Bulletin mit, Apel habe einen „plötzlichen Nervenzusammenbruch“ erlitten und sei in einer „dadurch hervorgerufenen Kurzschlußreaktion“ aus dem Leben geschieden. Von einer in solchen Fällen auch in der DDR vorgeschriebenen kriminaltechnischen Untersuchung war keine Rede. Alle möglichen Spekulationen schossen ins Kraut, die selbst nach mehr als vier Jahrzehnten nicht verstummt sind. „Aber vergessen wir das nicht“, hat Florian Havemann dieser Tage so schön anzüglich bemerkt, „daß wir in Deutschland fast 50 Jahre die Russen zu Gast hatten, sowjetische Besatzungssoldaten…“

„Ich gehe jetzt los“, sagte Kurt Turba im Dezember 1965 am Telefon. Nach solcher Ansage trafen wir uns gewöhnlich auf halbem Weg zwischen dem „Großen Haus“ (der SED-Zentrale am Werderschen Markt) und der ND-Redaktion (damals noch in der Mauerstraße). Dann stakten wir wie zwei leibhaftige „Bedenkenträger“ um einige Häuserblöcke im Ostberliner Zentrum und besprachen das Nötigste.

„Was wird bleiben von Apel und seinem Lebenswerk nach diesem mysteriösen Tod?“ Feierlich gesagt: „Er wird weiterleben im Gedächtnis seiner Angehörigen, Anhänger und Freunde.“ Gut und schön. Doch pragmatisch gesehen stellt der Tod die radikalste Entmachtung eines eigenwilligen, schöpferischen und visionären Politikers dar. Mit ihm sterben gerade sein Eigensinn, seine genialsten Pläne, besten Ideen und kühnsten Projekte. Nach Apels Tod war auch das NÖS praktisch zum Tode verurteilt. Walter Ulbricht würde zu retten versuchen, was noch zu retten war. Doch ohne Apel blieb alles Stückwerk. Menschen sind eben nicht einfach auswechselbar und ohne weiteres zu ersetzen. Insofern war dieser Tod eine Katastrophe für die DDR und auch für die gerade zwei Jahre alte neue Jugendpolitik.

Als Kurt Turba vor einiger Zeit die gesetzlich vorgeschriebene „Willenserklärung“ („Es ist mein letzter Wille, daß meine Urne auf hoher See beigesetzt werden soll“) vorsorglich zu Papier brachte, hatte er mehrere Motive. „Wenn ich schon nicht in böhmischer Erde begraben werden kann“, sagte der 1929 in Leitmeritz (CSR) geborene DDR-Hoffnungsträger, „dann möchte ich auf internationalem Meeresgrund beigesetzt werden“.

Zur „Gedenkstätte der Sozialisten“ in Berlin-Friedrichsfelde, wo neben Rosa Luxemburg, Walter Ulbricht und Erich Apel auch viele „Nomenklatur-Kader“ ihre letzte Ruhe gefunden haben, entwickelte Kurt Turba seit dem berüchtigten 11. Plenum des ZK der SED (vom 15. bis 18. Dezember 1965 in Berlin) ein durchaus zwiespältiges Verhältnis. Diese Tagung des SED-Zentralkomitees, die nach Breschnews Blitzbesuch (vom 27. bis 29. November 1965) in Ostberlin zu einem politbürokratischen „moskowitischen Massaker“ geriet, brachte nicht nur zahlreiche schöpferische Geister um ihre Arbeit, sondern ließ auch Janusköpfe wachsen in beinahe epidemischer Dimension.

Kurt Turba, seit jeher authentisch und aufrichtig, mochte diese Leute gar nicht, die über Nacht ihre Gesinnung wechselten oder ihn sogar verunglimpften und auf die andere Straßenseite gingen, so sie ihm, dem Ende Januar 1966 „von allen Funktionen entbundenen“ ehemaligen „Spitzenfunktionär“ zufällig begegneten. Auch nachdem die Schiedskommission der PDS ihn am 10. Februar 1990 zu „rehabilitieren“ geruhte, wollte er in Friedrichsfelde nicht begraben sein.

„Weil ich mich mit dem Meer verbunden fühle“. So lautet die für besagte „Willenserklärung“ vorgegebene Begründungsformel. Kurt Turba fühlte sich mit dem Meer, zumindest mit der Ostsee auf besondere Weise verbunden. Wer sich an ihn erinnert, denkt unwillkürlich an das visionäre Programm „Der Jugend Vertrauen und Verantwortung“. Die Wiege dieses Katalogs zukunftsträchtiger Werte stand an der Ostsee – genau dort, wo sich am westlichen Ende des Buchenbestandes und der kurzen Steilküste von Heiligendamm ein riesiger eiszeitlicher Findling aus dem strandnahen Wasser erhebt. Dort wurde Anfang Juni 1963 die Idee zum „Jugendkommunique“ geboren.

Die Ärzte hatten mich zu einer Kur vom 23. Mai bis 11. Juni 1963 nach Heiligendamm geschickt. Am letzten Kur-Wochenende bekam ich überraschend Besuch. „Ein sehr netter und gutaussehender Herr aus Berlin hat nach Ihnen gefragt“, bedeutete mir die Schwester am Eingang des Hauses Berlin. „Er wartet drüben auf dem Parkplatz.“ Dort stand der angejahrte EMW der Forum-Redaktion. Und in ihm saß der Chefredakteur dieser zweimal monatlich erscheinenden DDR-Studenten-Zeitung: Kurt Turba persönlich. Er gab dem Fahrer frei, und auf dem „heiligen Damm“ wanderten wir nach Börgerende.

Zeitgenössiche Postkarte von Heiligendamm, Wiege des Jugendkommuniqués von 1963

Der „gutaussehende Herr aus Berlin“ kam gleich zur Sache: „Am 30. Juni wird Walter Ulbricht siebzig Jahre alt. Da er das Forum seit einigen Monaten gegen unsere Kritiker in Schutz nimmt, sind wir ihm eine Gratulation schuldig – einen Artikel, den unsere Leser akzeptieren, der aber auch ihm gefällt.“ Eine Quadratur des Kreises? Zum Sechzigsten am 30. Juni 1953, kurz nach den Unruhen des 17. Juni 1953, hatte man ja auch in der DDR noch lauthals gefordert: „Der Spitzbart muß weg!“ Nun, zehn Jahre später, nutzte Ulbricht seine gewachsenen Gestaltungsspielräume zu unauffälligen, aber zielstrebigen und akzeptablen Reformen. Und er suchte Mitstreiter außerhalb der politischen Apparate.

Schwer zu sagen, wie viele Kilometer wir gelaufen sind – nach Börgerende im Osten und zurück, nach Kühlungsborn in westlicher Richtung und von dort wieder nach Heiligendamm – unterwegs wurde in einer Fischerkneipe ein Adlershofer Wodka genommen. Jedenfalls entwarfen wir zu Zweit einen Text, der es in sich hatte. Man muß ihn genau gelesen haben, um seine politische Brisanz zu verstehen. Unter dem schönen biblischen Titel „Des Vaters Segen baut den Kindern Häuser“ wurde dieser Artikel zu Ulbrichts 70. Geburtstag auf der ersten und dritten Seite der Forum-Nummer 12/1963 (zweite Juni-Ausgabe) veröffentlicht. Kein einziger Leser protestierte. Und SED-Chef Walter Ulbricht zeigte dieses Forum nicht ohne Stolz in seinem Politbüro herum.

„Neues Deutschland“ vom 21. September 1963 mit dem legendären Jugendkommuniqué

Am Nachmittag und am Abend des 8. bzw. 9. Juni 1963 saßen wir beim großen Findling im Kreis junger Leute. „Was stört Euch an der FDJ? Zufrieden mit der Schule? Ärger im Beruf? Was müßte anders werden?“ Kurt fragte unumwunden. Und da er zuhörte, geduldig und freundlich, bekam er mehr und mehr gediegene Antworten. Die häufigsten Kritiken notierte er. Spontan entstanden am Findling sogar griffige Formeln – wie etwa „Hausherren von Morgen“, eine Redewendung, die durch das Jugendkommuniqué berühmt, aber Anfang 1966 den Medien per Sprachregelung untersagt wurde.

Die Kunst des Zuhörens war in der DDR nicht besonders entwickelt. Turba bildete da eine seltene Ausnahme. Ohne seine tolerante Geduld wäre der jugendpolitische Aufbruch von 1963 kaum möglich gewesen. Wie schwer es ist, andere ausreden zu lassen, kann man heute bei jeder Talkshow beobachten. In seinem herrlich bissigen Poem „Zur Teleologie“ hat Heinrich Heine auf den „Sinn“ des Umstandes verwiesen, daß der Mensch über zwei Ohren verfügt, doch nur über einen Mund. „Hat er jetzt das Maul voll Brei,/ Muß er schweigen unterdessen,/ Hätt’ er aber Mäuler zwei,/ Löge er sogar beim Fressen.“

Schon zwei Wochen nach seinem 70. Geburtstag erteilte Ulbricht in einem Vier-Augen-Gespräch (am 13. Juli 1963) Kurt Turba den Auftrag, ein jugendpolitisches Programm zu entwerfen – inhaltlich und personell alternativ zu einem bürokratischen Entwurf aus der bisherigen Jugendkommission, den der SED-Chef gerade gnadenlos zerpflückt hatte. Turba war Zeuge dieser Auseinandersetzung mit Paul Verner (1911 bis 1986) und Konrad Naumann (1928 bis 1992). Kurts Kommentar: „Harald, das kannst Du Dir nicht vorstellen – da flogen ‚schwere Koffer’ durch den Raum…“

Überhaupt offenbarte der bärtige Sachse im Sommer 1963 sein unglaubliches Talent, selbst die mächtigsten Apparate „an der Nase herumzuführen“. Jedenfalls hielt er Turba den Rücken frei. Niemand bekam die Möglichkeit, ungefragt „seinen Senf“ beizugeben. So gingen die Impulse von Heiligendamm unverfälscht in das Kommunique „Der Jugend Vertrauen und Verantwortung“ ein, das am 17. September 1963 vom SED-Politbüro einstimmig beschlossen und am 21. September 1963 in großer Aufmachung in der Tageszeitung Neues Deutschland veröffentlicht wurde.

Wer sich zeitgeschichtlich mit der Entstehung und Wirkung des Jugendkommuniques von 1963 befaßt, tut gut daran, auf kleine, scheinbar unwesentliche Details zu achten. So hat Willi Stoph (1914 bis 1999), der wohl wichtigste sowjetische Vertrauensmann im SED-Politbüro, sich um die Unterschrift unter die Beschlußvorlage für die PB-Sitzung vom 17. September 1963 gedrückt; sein Signum sollte offenbar nicht neben dem von Kurt Turba stehen. Oder: Daß Brigitte Reimann (1933 bis 1973) ein aktives Mitglied der von Turba geleiteten neuen Jugendkommission war, ist bekannt (und aktenkundig), doch nur Zeitzeugen können bekunden, daß Turba von Christa Wolf in Kleinmachnow damals einen Korb bekam. Und woher sollen Historiker aus den alten Bundesländern wissen, daß Walter Womackas Gemälde „Am Strand“ (1962/63) zur Ikone des Jugendkommuniqués wurde – in jenen Jahren die in der DDR meistverkaufte Reproduktion eines zeitgenössischen Bildes.

Kann purer Zufall sinnig sein? Natürlich ist es reiner Zufall, daß Kurt Turba am gleichen Kalendertag (3. Dezember) wie Erich Apel starb. Zufall war es auch, daß Sergei Pawlowitsch Koroljow (12. Januar 1906 bis 14. Januar 1966), der Schöpfer sowjetischer Weltraumraketen, Erich Apel nur um wenige Wochen überlebte. Apel, der von 1946 bis 1952 am sowjetischen Raketenprogramm mitarbeiten durfte, muß Koroljow gekannt haben. Mit Koroljows Raketen flogen der erste künstliche Erdtrabant Sputnik und die ersten Menschen ins All. Sie nannten unseren Globus den „Blauen Planeten“. Erst von „draußen“ sah man, wie überwiegend blaue Ozeane das Gesicht der Erde bestimmen. Und in diesem Urelement allen irdischen Lebens ist ein Mann wie Kurt Turba bestens aufgehoben. Wer an die See fährt, kann seiner gedenken. Und wer den Findling von Heiligendamm betrachtet, mag über „Stranddemokratie“ als ansehnlichste Form von Basisdemokratie nachdenken.