„Tiger“, „Panther“, „Leopard“

Kampfpanzer zu liefern, würde Deutschland zum europäischen Hauptfeind der Nuklearmacht Rußland machen

Gepanzerte Fahrzeuge der Bundeswehr tragen die Namen von räuberischen Tieren – „Marder“, „Puma“, „Leopard“. Wie die von Hitler-Generälen aufgebaute Armee der Bundesrepublik Deutschland geht das auf die Wehrmacht zurück. Die setzte im Spätsommer 1942 die ersten schweren Panzer namens „Tiger“ in der Nähe von Leningrad ein. Dem „Tiger“ folgte im Sommer 1943 bei der Schlacht am Kursker Bogen der mittelschwere Panzer „Panther“. Angeblich hatten beide bessere Kampfeigenschaften als ihre sowjetischen Gegenstücke. Aber die Sowjetunion gewann den Krieg, mit dem sie von den Deutschen überzogen worden war.

„Tiger“-Panzer der Waffen-SS-Division „Das Reich“ in der Schlacht am Kursker Bogen im Sommer 1943
Foto: Bundesarchiv, Bild 101III-Zschaeckel-207-12 / Zschäckel, Friedrich / CC-BY-SA 3.0

Nun soll der „Leopard II“ gegen die russischen Streitkräfte rollen. Das fordert eine große Koalition der Vergeßlichen, bestehend aus wesentlichen Teilen des Karrierepersonals von Grünen, FDP und CDU, öffentlich-rechtlichen wie auch privaten Rundfunk- und Fernsehsendern sowie Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen. Das inländische Dauerfeuer auf Bundeskanzler Olaf Scholz soll eine Lieferung der Raubzeugtechnik an die Ukraine erzwingen. Seine Argument-Munition erhält es zu nicht geringem Teil aus dem Ausland, vor allem Polen, dem Baltikum, den USA.

Man fragt sich: Glauben die Leo-Freunde tatsächlich, was der der Chef des vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte Mark Milley schon länger nicht mehr glaubt, nämlich die Ukraine könnte den Krieg gewinnen? Falls ja – wie stellen sie sich das Ende dieses Krieges und den Weg dahin vor? Soll der „Leopard“ jetzt das leisten, was „Tiger“ und „Panther“ nicht schafften? Als Kriegsgerät aus einem Land, das laut dem Bundesverfassungsgericht als Völkerrechtssubjekt immer noch identisch ist mit dem Deutschen Reich, also dem Agressor von 1941? Glauben sie wirklich, die Nuklearmacht Rußland ließe sich den Sieg von 1945 – der Überfall Deutschlands kostete 27 Millionen Sowjetbürger das Leben – nehmen und Deutschland bliebe ungeschoren?

General Harald Kujat, ehemals höchster Militär der NATO, sagte jüngst in einem Interview für ein Schweizer Magazin, der ausländische Druck zwecks deutscher Lieferungen von Kampfpanzern zeige, „mit welchem Engagement einige Verbündete das Ziel verfolgen, Deutschland gegenüber Rußland besonders zu exponieren“. Wenn wir es richtig verstehen, wollen diese „Verbündeten“, daß Deutschland aus Sicht Moskaus zum Hauptfeind wird, zumindest in Europa. Kommt es zum Schlimmsten, ist Deutschland das erste Ziel für Rußlands Nuklearraketen mittlerer Reichweite, wobei die USA keineswegs den interkontinentalen Nuklearkrieg riskieren müssen. Ihr Territorium kann wie immer ungeschoren bleiben. Geht der Krieg zuende ohne Einsatz nuklearer Waffen, sind die Fäden zwischen Rußland und Deutschland auf Jahrzehnte zerrissen, die geschäftlichen Beziehungen auf lange Sicht zerstört, was die Kosten für das Leben und Wirtschaften zwischen Oder und Rhein, aber auch in anderen Teilen Europas auf Dauer beträchtlich erhöht. Szenario eins heißt Tod und Zerstörung, Szenario zwei Deindustrialisierung und Verarmung.