Zweierlei Maß

Truppen auf Kuba und in Venezeula? Wenn Rußland sich dasselbe herausnehmen würde wie die USA

Das Geschrei wird lauter. Rußland bedrohe die Ukraine. Es wolle ein zweites Jalta und seine Einflußzonen in Europa festschreiben. Das aber gehe nicht an. Jedes Land müsse frei wählen können, welchem Bündnis es angehört. Nach dieser Logik soll Rußland die Waffen der NATO direkt an seinen Grenzen akzeptieren.

Auffällig stiefmütterlich haben deutsche Medien die Nachricht behandelt, Rußland wolle die Stationierung eigener Truppen auf Kuba und in Venezuela nicht ausschließen, wenn es die von ihm geforderten Sicherheitsgarantien nicht bekomme. Fast vollständig unterschlugen sie die Aussage des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan: „Wenn Rußsland sich in diese Richtung bewegen würde, würden wir entschlossen dagegen vorgehen.“

Diesem Vorgang publizistisch Raum zu geben, wäre mißlich für die volkspädagogisch ausgerichteten Redaktionen: Rußland soll die feindlichen Waffen vor seiner Haustür akzeptieren, während die USA den gesamten Erdball in größter Selbstverständlichkeit als Einflußzone beanspruchen. Die Frage soll gar nicht aufkommen, warum hier zweierlei Maß gilt. Ihr würde nur weitere Fragen folgen: Was soll das Ganze? Warum nehmen Regierungen in Europa die Gefahr in Kauf, einen Krieg zu provozieren, der Europa auslöschen kann? Warum riskieren sie es, große Teile Europas von der Zufuhr russischen Erdgases abzuschneiden? Und das mitten im Winter?