Eskalation mit Holzgewehren

Welche PR-Agentur zieht die Strippen in der Ukraine-Krise? Welche große Lüge kommt noch?

Rußland wird noch während der olympischen Winterspiele in Peking einen Krieg beginnen, sagt die CIA voraus. Aber Wladimir Putin würde sich lieber einen Zeh abhacken als China, Rußlands strategischen Verbündeten, zu brüskieren. Wir wissen aus Erfahrung: Die CIA sagt voraus, was eintreten soll, so sie denn mit ihrer Regierung einig ist, was bei Biden der Fall zu sein scheint, anders als bei Trump. Falls es demnächst knallt – wahrscheinlich aus Anlaß einer Operation unter falscher Flagge (siehe die Scharfschützen-Morde auf dem Maidan 2014) -, wird es das Ergebnis einer sich gelenkt und gezielt selbsterfüllenden Prophezeihung sein. Die Ukraine selbst wird da nichts mitzureden haben. Da kann deren Präsident noch so laut vor Panikmache warnen angesicht der Aufrufe seiner westlichen „Verbündeten“ an ihre Landsleute, die Ukraine zu verlassen.

Mit den Mitteln der Propaganda wurde die Gefahr eines Krieges geschaffen, der ganz Europa bedroht, mit den Mitteln der Propaganda wird sie weiter verschärft. Wie brenzlig es ist, verraten Deutschlands Medien, indem sie in gleichem Schritt und Tritt für Interessen marschieren, die nicht die der übergroßen Masse ihrer Leser, Zuschauer und Zuhörer sind. Das Muster der gesteuerten Konflikteskalation haben wir schon beim Krieg der NATO gegen Jugoslawien 1998/99 erlebt. Willig verbreiteten Deutschlands „Qualitätsmedien“ damals Fake News über „ethnische Säuberungen“ und Konzentrationslager, in denen Serbien angeblich Kosovo-Albaner gefangen hielt. Im Hintergrund zog die US-amerikanische PR-Agentur Ruder Finn die Strippen. Welche große Lüge dürfen wir für die nächsten Tage erwarten? Denn noch ist in den meisten Ländern Europas die Akzeptanz eines Krieges nicht da, bei dem es in allzu durchsichtiger Weise nur um US-Interessen geht.

Das deutlichste Zeichen für die Umtriebe von PR-Agenturen sind die ständig wiederholten Bilder von Ukrainern, die mit Holzgewehren üben, sich gegen eine vorgeblich drohende russische Aggression zu wehren. Solche bildlichen Chiffren sind ein gern genutztes Mittel massenpsychologischer Beeinflussung, wunderbar vorgeführt in dem Film „Wag The Dog“ mit Robert de Niro und Dustin Hoffman von 1997.

Bei Hafiz al-Gaddafi?

Wichtig, wichtig: Ein geheimer Geheimdienstler warnt in der FAZ vor Russen-Schiffen, die in Libyen tanken – oder war es in Syrien?

Fast eine Spalte widmet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ, Ausgabe vom 10. Februar 2022) sechs russischen Schiffen, die für „amphibische Landungsoperationen ausgelegt“ seien. Sie seien von Kaliningrad an der Ostsee aufgebrochen, um über Nordsee und Mittelmeer ins Schwarze Meer einzulaufen. Schlagzeile: „Kriegsschiffe nehmen Kurs“. Unterzeile: „Vorbereitung auf eine Landungsoperation?“ Die Quelle:: „ein leitender westlicher Geheimdienstvertreter“, der sich „unter der Bedingung äußerte, daß er nicht weiter identifiziert wird“. Was der leitende westliche Geheimdienstvertreter, der sich unter der Bedingung äußerte, nicht weiter identifiziert zu werden, außerdem weiß: „Die Schiffe, die von einem U-Boot der Kilo-Klasse begleitet werden, hatten am Wochenende den russischen Marinestützpunkt Tartus an der libyschen Küste angelaufen, um dort aufzutanken.“

Ja, die FAZ hat famose Quellen. Nur liegt der russische Flottenstützpunkt Tartus an der syrischen Küste. Was also geschah am Wochenende? War es ein geheimer Besuch bei Hafiz al-Gaddafi? Oder lebt der nicht mehr?

Ergänzung Degenhardt

Wie der Sänger eines seiner Lieder am Vorabend des NATO-Überfalls auf Jugoslawien um eine Zeile verlängerte

Am 25. März 1999 titelte die Tageszeitung junge Welt „Der Krieg hat begonnen, Deutschland macht mit“. Gemeint war der Bombenkrieg gegen Jugoslawien, den die NATO am Abend zuvor eröffnet hatte. Unter der Schlagzeile stand folgender Text des Dichters und Sängers Franz-Josef Degenhardt:

Eigentlich unglaublich, daß ihnen das immer wieder gelingt …

Deinem Urgroßvater haben sie erzählt: Gegen den Erbfeind. Für das Vaterland. Und er hat das tatsächlich geglaubt.
Was hat er gekriegt? Granatsplitter in Beine und Kopp vor Verdun.


Deinem Großvater sagten sie: Gegen die slawischen Horden. Für die abendländische Kultur. Er hat das wirklich geglaubt.
Was hat er gekriegt? Bauchschuß und einen verrückten Kopp vor Stalingrad.


Deinem Vater erzählen sie jetzt: Gegen die Völkermörder. Für die Menschenrechte. Für den Frieden. Unglaublich – er glaubt’s.
Was er wohl kriegt? Und wo wird das sein – diesmal?


Die später auch als Plakat gedruckte Zeitungsseite kam so zustande: Bereits am 23. März war ziemlich klar, der NATO-Angriff würde bald beginnen und damit die erste deutsche Kriegsbeteiligung seit 1945. Nur: Wann genau würden die ersten Bomben fallen? Der Redaktionsschluß für die Seite 1 der jungen Welt lag bei etwa 17 Uhr. Was tun, wenn bis dahin keine Meldungen über den Kriegsbeginn eingelaufen waren? Und wie der Eventualität begegnen, daß es nach dem Redaktionsschluß der jungen Welt, aber vor der viel weiter hinten liegenden Deadline der anderen Zeitungen losgehen könnte?

So faßte der damalige jW-Chefredakteur abends zuhause den Gedanken: Eine plakative Lösung muß her, die in jedem Fall funktioniert. Seine Wahl fiel auf Degenhardts Lied „Einfach unglaublich“, das bereits 1996 auf der CD „Weiter im Text“ erschienen war. Am Morgen des 24. März rief er Degenhardt um dessen Einverständnis an. Degenhardt sagte sofort ja, meldete  sich aber etwas später noch einmal per Telefon: Er müsse da noch etwas ändern. So fügte er in der dritten Strophe, wo es um die heutigen Kriegslügen geht, die Zeile ein: „Für den Frieden.“ Seitdem besitzt Degenhardts Lied diese um drei Worte erweiterte Textgestalt.

Der Titel des Liedes lautet „Einfach unglaublich“. Die keinesfalls auf Degenhardtscher Kunsthöhe wandelnde Schlagzeile „Der Krieg hat begonnen, Deutschland macht mit“ erfand selbstverständlich nicht der Dichter sondern der Chefredakteur. Die junge Welt berichtete von diesem Tage an bis zum Ende der Bombenangriffe am 10. Juni 1999 täglich auf Seite 1 über den Krieg.

Zweierlei Maß

Truppen auf Kuba und in Venezeula? Wenn Rußland sich dasselbe herausnehmen würde wie die USA

Das Geschrei wird lauter. Rußland bedrohe die Ukraine. Es wolle ein zweites Jalta und seine Einflußzonen in Europa festschreiben. Das aber gehe nicht an. Jedes Land müsse frei wählen können, welchem Bündnis es angehört. Nach dieser Logik soll Rußland die Waffen der NATO direkt an seinen Grenzen akzeptieren.

Auffällig stiefmütterlich haben deutsche Medien die Nachricht behandelt, Rußland wolle die Stationierung eigener Truppen auf Kuba und in Venezuela nicht ausschließen, wenn es die von ihm geforderten Sicherheitsgarantien nicht bekomme. Fast vollständig unterschlugen sie die Aussage des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan: „Wenn Rußsland sich in diese Richtung bewegen würde, würden wir entschlossen dagegen vorgehen.“

Diesem Vorgang publizistisch Raum zu geben, wäre mißlich für die volkspädagogisch ausgerichteten Redaktionen: Rußland soll die feindlichen Waffen vor seiner Haustür akzeptieren, während die USA den gesamten Erdball in größter Selbstverständlichkeit als Einflußzone beanspruchen. Die Frage soll gar nicht aufkommen, warum hier zweierlei Maß gilt. Ihr würde nur weitere Fragen folgen: Was soll das Ganze? Warum nehmen Regierungen in Europa die Gefahr in Kauf, einen Krieg zu provozieren, der Europa auslöschen kann? Warum riskieren sie es, große Teile Europas von der Zufuhr russischen Erdgases abzuschneiden? Und das mitten im Winter?

„Aktion Ochsenkopf“ reloaded

Kleinkariert und hysterisch: Deutsche Medienaufsicht läßt RT DE vom Satelliten nehmen

Es war eine der dümmsten Aktionen, die in der DDR stattfanden: 1961 nach dem Mauerbau zogen Mitglieder der Freien Deutschen Jugend (FDJ) um die Häuser und knickten TV-Antennen ab, mit denen wegen ihrer Ausrichtung offensichtlich das Westfernsehen empfangen wurde. Im Süden der Republik wurde das als „Aktion Ochsenkopf“ bekannt. Denn von einer Sendestation auf dem 1024 Meter hohen Ochsenkopf im Fichtelgebirge versorgte der Westen diese DDR-Region mit seinen Ausstrahlungen. Offiziell lief die Kampagne unter dem Titel „Blitz kontra NATO-Sender“. Eifrig berichtete darüber das Zentralorgan der FDJ „Junge Welt“, während sich „Neues Deutschland“ als wichtigste Zeitung des Landes und auch das DDR-Fernsehen zurückhielten.

Die Bezeichnung „Aktion Ochsenkopf“, könnte, obwohl sicher nicht so gemeint, auch als Anspielung auf die geistige Verfaßtheit des damaligen FDJ-Chefs Horst Schumann (1924 bis 1993) verstanden werden. Jedenfalls spielte er nur wenig später eine unrühmliche Rolle, als die von Erich Honecker (1912 bis 1994) geführte Fraktion in der DDR-Führung mit Moskauer Rückendeckung Liberalisierungstendenzen in der Jugend- und Kulturpolitik mit Vorwürfen wie der Förderung von „Rowdytum“, „Verwestlichung“ und „Pornographie“ bekämpfte. Diese Hysterisierung kulminierte auf dem berüchtigten 11. Plenum des SED-Zentralkomitees im Dezember 1965.

Warum daran erinnern? Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MBB) hat am Mittwoch (22. Dezember 2021) erwirkt, daß der Satellitenbetreiber Eutelsat das erst wenige Tage zuvor aufgenommene Programm des russischen TV-Senders RT DE abschaltet. Die formelle Begründung: RT DE habe für sein deutschsprachiges Programm keine deutsche Sendelizenz. Rußland hält dagegen: RT habe eine serbische Sendelizenz und die müsse nach dem „Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ akzeptiert werden.

Wie auch immer: Die Abschaltung von RT DE, also die technische Verhinderung der Empfangbarkeit dieses Programms, unterscheidet sich qualitativ nicht von der „Aktion Ochsenkopf“ 1961. Sie zeugt von Mißtrauen gegenüber der eigenen Bevölkerung, Lebensferne, Unsicherheit, Kleinkariertheit und einem hysterisierten Klima politischen Klima, wirkt allerdings – zusammen mit der erneuten Sperrrung eines Youtube-Kanals von RT DE – vorerst flächendeckend. Sie wird aber nicht durchzuhalten sein.